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Nordsee-Wellen in Braunschweig für die Offshore-Windenergie

Nordsee-Wellen in Braunschweig für die Offshore-Windenergie

© Kristina Rottig/TU Braunschweig
Auftakt der Sommerreise in der Versuchshalle des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau der TU Braunschweig: Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs mit TU-Präsidentin Angela Ittel und Professor Nils Goseberg.

Wissenschaftsminister Falko Mohrs startet Sommerreise an der TU Braunschweig

Wie können Offshore-Windenergieanlagen weiterentwickelt und verbessert werden, um die Energiewende weiter voranzutreiben? Wie kann gleichzeitig der Lebensraum Meer geschützt werden? Diese Fragen erforscht das Leichtweiß-Institut für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig mit dem neuen Salzwasser-Wellen-Strömungskanal, der in seiner Art europaweit einmalig ist. Zum Auftakt seiner Sommerreise „Wind. Wasser. Wattenmeer“ am 2. September besuchte Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs die Versuchsanlage und informierte sich über die dort stattfindende Forschung. Insgesamt stehen sieben Institute und Forschungseinrichtungen in der niedersächsischen Küstenregion und in Braunschweig auf dem Programm der Sommerreise.

 

Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs: „Als Land wollen wir bei der Erzeugung erneuerbarer Energien weiter zielstrebig und mit viel Tempo vorangehen. Für Niedersachsen als Küstenland ist dabei die Offshore-Windenergie ein wichtiger Baustein. Die Forschung des Leichtweiß-Instituts für Wasserbau und seiner Kooperationspartner kann für die Entwicklung von ressourcenschonenderen, nachhaltigeren und wirtschaftlicheren Lösungen für Offshore-Technologien eine grundlegende Rolle spielen. Der neue Salzwasser-Wellen-Strömungskanal als europaweit einmalige Versuchseinrichtung dieser Art zeigt eindrucksvoll die Innovationskraft der Forschungsregion Hannover-Braunschweig und ihre große Strahlkraft weit über Niedersachsen hinaus.“

„Das Leichtweiß-Institut für Wasserbau hat neben internationalen Kooperationen hochaktuelle Themen im Zusammenhang mit der Energiewende und mit besonderer Bedeutung für das Energieland Niedersachsen in das Zentrum seiner Aktivitäten gestellt.  Die TU Braunschweig leistet damit einen aktiven Beitrag, die Bedeutung ihrer Forschung und deren Ergebnisse für die Gesellschaft, für die Bewertung technischer Anlagen in unserer Umwelt und für mögliche Transferprojekte in den Vordergrund zu rücken“, betont die Präsidentin der TU Braunschweig, Angela Ittel.

Nachhaltige Nutzung der Meere

Im Mittelpunkt der Forschung am Leichtweiß-Institut für Wasserbau und am Forschungszentrum Küste der Technischen Universität Braunschweig und der Leibniz Universität Hannover stehen drei große Themen: die Anpassung der Küstenregionen an den Klimawandel und den beschleunigten Meeresspiegelanstieg sowie die Entwicklung maritimer Technologien für eine nachhaltige Nutzung der Meere. So forschen 26 Wissenschaftler*innen der Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau unter Leitung von Professor Nils Goseberg unter anderem zu den Themen nachhaltiger Küstenschutz gegen Überschwemmungen und Erosion, Auswirkungen von Tsunamis und Offshore-Windenergie.

Die Lösung dieser Forschungsaufgaben erfordert fachübergreifende Forschungskooperationen mit nationalen und internationalen Partnern wie u.a. den niedersächsischen Universitäten in Hannover und Oldenburg, dem Alfred-Wegener-Institut, der Technical University of Denmark, der Universität Gent und dem Royal Netherlands Institute for Sea Research. Darüber hinaus sind verschiedene experimentelle Versuchseinrichtungen notwendig. In der 5.600 Quadratmeter großen Versuchshalle des LWI können Seegang, Küstenmorphologie, Bauwerksbelastung und Wechselwirkungen zwischen Wellen und Vegetation mit hydraulischen Modellversuchen untersucht werden.

Stärkung für Forschungsstandort Braunschweig-Hannover

Ende April 2024 ist am Leichtweiß-Institut für Wasserbau mit dem Salzwasser-Wellen-Strömungskanal eine weitere Forschungsanlage hinzugekommen, die das Alleinstellungsmerkmal des Forschungsstandorts Braunschweig-Hannover im Bereich Küsteningenieurwesen, Seebau und maritimen Technologien noch einmal entscheidend stärkt. Neben dem Großen Wellenströmungskanal (GWK+) des Forschungszentrums Küste wurde damit das bereits sehr umfangreiche Portfolio an klein- und großskaligen Versuchsanlagen erweitert. „Mit dem Salzwasser-Wellen-Strömungskanal ergänzen wir das europaweit einzigartige Ensemble an Versuchseinrichtungen unter dem Dach des Forschungszentrums Küste um die Möglichkeit, mit realistischen Meerwasser Umwelteinflüsse technischer Anlagen im und am Meer beurteilen und verstehen zu können“, ordnet Professor Nils Goseberg, Institutsleiter des Leichtweiß-Institus für Wasserbau und Professor für Küsteningenieurwesen und Seebau, ein.

In dem 30 Meter langen und drei Meter breiten Kanal werden Meerwasser, Wellen und Strömung kombiniert. Bis zu 80 Zentimeter hohe Wellen können die beiden Wellenmaschinen erzeugen. Zusätzlich sorgen vier Pumpen für die Strömung. In den Forschungsprojekten kommen Ultraschallsensoren zur Erfassung des Wasserspiegels, Kamerasysteme, Geschwindigkeitsmessungen sowie Kraft-Momenten-Sensoren zum Einsatz. An alle Unterwassersysteme werden besondere Anforderungen hinsichtlich Druckdichtigkeit und Seewasserbeständigkeit gestellt. „Innovationen im Bereich der maritimen Technologien können mit der besonderen experimentellen Ausstattung des Salzwasser-Wellen-Strömungskanals auf dem Weg zu einem höheren technologischen Reifegrad entwickelt werden“, sagt Dr. Clemens Krautwald, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt EnviSim4Mare.

Einfluss von Muscheln auf Offshore-Anlagen

Im Fokus der Forschung der Abteilung Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau stehen die Wechselwirkungen zwischen marinen Organismen (Muscheln und Algen) und deren Lebensräumen mit Offshore-Anlagen (z.B. Windkraftanlagen auf dem offenen Meer). Dabei geht es zum einen um den Einfluss des marinen Bewuchses auf die Stabilität der Tragstrukturen von Offshore-Anlagen im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekts EnviSim4Mare. Zum anderen untersuchen die Wissenschaftler*innen gemeinsam mit europäischen Partnern im EU-Projekt INF4INiTY neuartige künstliche Riffstrukturen an schwimmenden Windkraftanlagen. Die Auswirkungen der Anlagen auf die Umwelt nehmen die Forschenden im Rahmen des über das Interreg-Nordseeprogramm finanzierte Anemoi-Projekts unter die Lupe. Hier wollen sie insbesondere die chemischen und partikelförmigen Schadstoff-Emissionen ermitteln.

Diese wichtigen Forschungsfragen können nun erstmals im Salzwasser-Wellen-Strömungskanal unter realitätsnahen Meeresbedingungen untersucht werden. Dabei werden Wellen- und Strömungsbedingungen, aber auch Temperatur, Salzgehalt, pH-Wert, Sauerstoffgehalt und Nährstoffe berücksichtigt. Mit den Daten und Erkenntnissen aus den experimentellen Untersuchungen kann so die Bemessung von Offshore-Windenergieanlagen verbessert werden, um diese ressourcenschonend und wirtschaftlich zu errichten und über einen möglichst langen Zeitraum zu betreiben.

„Mit der zunehmenden Nutzung des Meeres für die Energiegewinnung und ähnliche Aktivitäten wird es immer wichtiger, die Wechselwirkungen zwischen Offshore-Strukturen, marinen Lebensräumen und der darin enthaltenen Biodiversität zu verstehen. Auch bei Ausschreibungen für die Nutzung des Meeresraumes wird das Thema Umweltauswirkungen und deren Bewertung in Zukunft eine immer größere Rolle spielen“, so Dr. Christian Windt, Leiter der Arbeitsgruppe Nachhaltige Meerestechnik am LWI. „Die Forschung am LWI trägt hierzu direkt bei und mit unseren einzigartigen Forschungseinrichtungen können wir letztendlich einen signifikanten Beitrag zur nachhaltigen Nutzung unserer Meere leisten.“

Leichtweiß-Institut für Wasserbau (LWI)

Das Leichtweiß-Institut für Wasserbau der TU Braunschweig wurde nach seinem Gründer Dr.-Ing. e.h. Dr.-Ing. Ludwig Leichtweiß (1925-1950) benannt. Es deckt das Gebiet der nachhaltigen Wasserforschung – vom Gebirge bis zum Meer – in Forschung und Lehre ab. Zum LWI gehören die Abteilungen Wasserbau und Gewässermorphologie, Hydromechanik, Küsteningenieurwesen und Seebau, Hydrologie und Flussgebietsmanagement sowie Abfall- und Ressourcenwirtschaft.

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